Nachdem ihr gesehen habt, wie Karin und ich unsere Schüsseln gestaltet haben, möchten ich euch heute das Ergebnis vorstellen.
Kategorie: Aarhus 2022
Bei Wind und Wetter
Was darf man nicht vergessen, wenn man an die See fährt? Richtig, den Lenkdrachen. Jens und ich ziehen aus um unseren Drachen steigen zu lassen.
Wind und Wetter gehören einfach zu einem Dänemark-Urlaub dazu. Gestern hatten wir noch wunderschönsten Sonnenschein heute dafür einen verregneten Morgen, einen milden Nachmittag und einen beeindruckenden Abend.
Auf unseren Spaziergang in der Abendsonne um 21:00 zieht eine Gewitterfront auf. Unsere erste Schätzung, wann die Front bei uns ist, liegt bei 30 Minuten.
Die flach stehende Sonne zaubert einen doppelten Regenbogen an den Himmel und beleuchtet das wilde Spiel der Wolken. 20 Minuten später ist das Wetter bei uns und wir flüchten uns vor dem Regen und dem Gewitter ins Haus.
Ein anderer Blick auf Aarhus
Wenn man im Internet nach Aarhus sucht, findet man – wie sollte es auch anders sein – viele interessante Informationen über die Stadt mit wunderschönen Bildern der verschiedenen Sehenswürdigkeiten. Was soll man dem noch hinzufügen? Ein paar Besonderheiten konnte ich einfangen und möchte das, was mir ins Netz gegangen ist, zeigen.
Auf unserem heutigen Stadtspaziergang klappern wir die wichtigsten Anlaufpunkte ab und halten unsere Augen für die speziellen Details offen.
Wir starten am Hafen. Das Parkhaus unter dem Navitas-Gebäude ist ein guter Startpunkt und, wie wir am Abend feststellen, kostete das Parken heute am Sonntag nichts.
Während in Bayern die Hagelschauer nieder gehen, strahlt bei uns die Sonne.
Die frische Brise hält dabei die Luft abgenehm kühl, so dass wir nicht ins schwitzen kommen und es trotzdem warm genug ist im T-Shirt durch die Stadt zu laufen. Genau richtig.
Aarhus ist voller geometrischer Formen. Besonders spiegelt sich das in der modernen Architektur wieder, die insbesondere am ehemaligen Hafen aber auch in der Stadt das Bild bereichert.
Neben Dreiecken, Horizontalen und Vertikalen findet man auch Kugel- und Kreisformen. Die Gitter für die Wasserabläufe sind sehr schön gestaltet und im Hafengebiet wurden offensichtlich bewusst die Kreisformen auch noch mal in den Beton gestrahlt.
Am Dokk1 spiegelt sich das Wasser und das Kreuzfahrtschiff in den Fenstern der Stadtbibliothek. Rundherum gibt es Spielmöglichkeiten, eine Rutsche, federnde Plattformen auf denen man hüpfen und Fangen spielen kann.
Im unteren Teil des Gebäudes befindet sich eine Erlebniswerkstatt, vor der Pflanzgefäße mit diversen Kräutern die strengen Formen auflockern.
Die Sirene von Aarhus winkt der kleinen Meerjungfrau in Kopenhagen zu.
Das Haar vom Wind zerzaust.
Wir schlendern von der Mündung am Hafen das kleinen Flüsschen Å entlang in die Innenstadt. Hinter einem Zaun direkt am Fluss befindet sich ein Mülleimer. Beim genaueren Hinschauen entpuppt sich die Anlage als Beitrag zum Naturschutz. Ein großes Gitter fängt den Müll, der die Å hinunter gespült wird, auf. Die Anlage kann dann hochgefahren und gekippt werden, so dass der Müll in dem großen Mülleimer landet und ordentlich entsorgt werden kann.
Im Kontrast zu den klaren Formen der Architektur steht der schmunzelde Humor der Dänen. Schon die Wikinger wussten: bei Rot bleibt man stehn, bei Grün darf man gehen.
Die Stadt wurde 2017 zur Kulturhauptstadt Europas gekürt. Und Kunst findet man überall. Eine kleine Gasse quillt nur so über von Freilichtkunst.
Und auch der Künstler Jessen hat sich an diversen Orten auf dem Pflaster und an den Wänden verewigt.
Eine besondere Art von Verklicker finden wir in einem Park nahe der ARos Kunstgalerie. Obwohl kaum ein Lüftchen weht – zumindest für dänische Verhältnisse – richtet sich dieses riesige Gerät zuverlässig nach dem Wind aus. Oder soll das auch Kunst sein?
Mir gefallen auch die Keramikfliesen an den Stufen in einem verlassenen Ladenlokal. Wäre glatt ein Grund für mich, diese Räume zu mieten…
Das war ein gemütlicher Tag in einer gemütlichen Stadt. Nur die Bank im Hafen war nicht so gemütlich.
Creative Space
Wir treten in den großzügigen, hellen Raum. Auf den Tischen stehen Tongefäße voll mit Pinseln, daneben liegen Schwämme, Gläser mit klarem Wasser und an jedem Platz liegt eine Matte. Links an der Wand werden verschiedenste Arten von Töpferwaren ausgestellt, alle ohne Glasur. Rechts stehen auf einem treppenartigen Regal Plastikflaschen und Tuben.
Die Idee: suche dir eine Schüssel, einen Teller, eine Kanne oder Vase aus und gestalte sie selbst. Wir sind begeistert und beschließen, zwei Schüsseln als Geburtstagsgeschenk für Jens zu gestalten.
Die Mitarbeiterin des Ladens führt uns an einen runden Tisch. Die Sonne scheint herein. Die Atmosphäre ist freundlich und anregend zugleich. Karin lässt sich Papier und Schere geben, ihre Idee ist es, eine Schlange in die Schüssel zu bringen.
Aber was mache ich? Welche Farben will ich verwenden? Wie sollen sie zusammen spielen? Und wie gestalte ich die Schüsssel? Ich möchte etwas Lebendiges nicht klar Abgegrenztes machen. Irgendwie soll es einen Übergang von Dunkel unten nach Hell oben geben, vielleicht Flammen- oder Gras-ähnlich. Und es ist sicher nicht einfach, mit den Pinseln filigrane Strukturen zu malen.
Dann wird mir bewusst, dass es ja auch ein Innen gibt. Meine zweidimensionale Vorstellung zerplatzt wie eine Seifenblase in meinem Kopf und ich versuche, ein dreidimensionales Bild vor meinem inneren Auge aufzubauen, das das Zusammenspiel vom Inneren mit dem Äußeren der Schüssel wiedergibt. Karin meint, dass es doch schön wäre, wenn sich das Innere von außen abhebt und vielleicht sogar hervorleuchtet.
Ich greife den Gedanken auf und mache mich an die Farbauswahl.
Es ist nicht so einfach, die Farben zu gestalten. Am Ende weiß man nicht wirklich, wie das Ergebnis sein wird. Werde ich es schaffen, den Pinsel so zu führen wie ich es mir vorstelle?
Möchte man eine gut gesättigte Farbe haben, muss man drei Schichten übereinander auftragen. Helle Farben sollte man zuerst aufbringen, die können dann mit dunklen Farben abgedeckt werden. Obwohl ich das weiß, nehme ich als erstes Schwarz. Ich schaue auf meine unberührte Schüssel und denke, dass das jetzt nicht so sinnvoll war. Also beginne ich doch lieber mit dem hellsten Blau – auf die Gefahr, dass mir das Schwarz eintrocknet, bis ich soweit bin, es benutzen zu können.
Meine Schale
Es ist wie so oft: man trifft eine Entscheidung, geht den ersten Schritt in diese Richtung und schon merkt man, dass man so nicht auf gute Weise zum Ziel kommt. Es ist schon ein bisschen Mut nötig, die Entscheidung gleich zu revidieren und nochmal von Vorne anzufangen. So geht es mir auch manches mal mit meinen Entscheidungen im Beruf. Ich sage, dass ich etwas machen möchte, stelle aber bald fest, dass es so gar nicht meinem Wesen entspricht. Leider kann man da oft nicht so einfach sagen, dass man sich falsch entschieden hat. Oder sollte man genau dies vielleicht viel öfter tun?
Am Ende als ich zum dunkelsten Bereich meiner Schüssel komme, ist das Schwarz ein kleines bisschen angetrocknet, aber das meiste der Farbe kann ich noch verwenden.
Karins Schale
Wir erleben ein paar schöne, kreative Stunden. Das Rohergebnis gefällt uns und wir sind neugierig auf die gebrannten Schüsseln.
Werden die Farben so herauskommen wie wir uns das vorgestellt haben?
Spaziergang am Meer
Beschaulich. Das Meer ist glatt, ruhig. Das Rauschen der Wellen am Strand verhalten. Wir suchen uns einen Weg, mal nahe an der Wasserkante, wenn wenig Steine dort liegen und der feuchte Sand eine feste Trittfläche bietet, mal etwas erhöht auf dem grünen Streifen neben dem Sandstreifen. Die Rosenbüsche blühen weiß und rosa und verströmen verschwenderisch ihren Duft. Die Luft riecht salzig und leicht nach dem Tang und Seegras, das ans Ufer gespült wird.
Neben dem Weg ist ein Ameisenhaufen. Eine Ameisenstraße führt durch das Gras. Sie windet sich zwischen Grasbüscheln und Kräutern dahin, das Pflaster aus Sandkörnern. Für Ameien eine Autobahn, der Verkehr ist rege.
An einer Stelle hat der Wind der Nacht ein paar Quallen angespült. Als Kind gab es Quallenkuchen, paniertes Quallenschnitzel und Quallenpudding, schön glibberig klein gematscht. Und ich erinnere mich an die Quallenschlacht, noch nicht mal Spritzpistolen und Pump-Guns sind so gut wie Quallengranaten mit denen man seinen Bruder bewerfen kann.
Im Wald entdecken wir einen Shelter, einen von den vielen kleinen Unterschlüpfen, die es über ganz Dänemark verteilt gibt. Man kann sie nutzen, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist. Es gibt meistens einen Feuerplatz dabei und oft auch eine Toilette.
Allerdings scheinen sie so beliebt zu sein, dass man sich den Platz vorher reservieren sollte. Hier wird man bei einem guten Regen allerdings nass. Da haben wir schon trockenere Unterkünfte gesehen.
Außen ist dieser Shelter sehr liebevoll angelegt. Treppenstufen führen hinab zum Strand, ein Weidenzaun verhindert, dass man im Dunklen den Hang hinunter fällt und das Ästedach erinnert an einen Wuschelkopf.
Das Wetter ist sehr klar, man kann die Halbinseln und Inseln rund um die Bucht deutlich sehen. Zwei Fähren fahren zwischen Aarhus und Odden hin und her. Auch die Hafenkräne in Aarhus sind gut zu sehen.
Der Rückweg der gut 8km langen Tour führt uns durch den Wald und über die Felder. Der Klatschmohn und die Kamille blühen, der Roggen steht schon eineinhalb Meter hoch und das hügelige Hinterland erfreut mit seinen lieblichen Schwüngen das Auge des Betrachters. Durch die Bäume gibt es immer wieder den Ausblick auf das Meer.
Aarhus? Wo ist das denn?
Wie verschlägt es uns aus dem wilden Süden nach Aarhus in Dänemark?
Abgesehen davon, dass ich als Nordlicht (eigentlich komme ich ja aus der Mitte Deutschlands, dem schönen Ostwestfalen) durch meine Kindheit eine gewisse Affinität zu Dänemark habe – wir haben viele Sommer- und Herbstferien dort verbracht – war die Ferienziel-Entscheidung letztes Jahr ziemlich spontan und durch unseren Jüngsten getrieben.
Im November fragte er an, ob wir nicht auch Lust hätten Anfang Juni auf das Chor-Festival zu kommen, zu dem er mit seinem Chor fahren würde. Ein Chor-Festival? Cool – das klingt nach Spaß, dachten wir, und wälzten das Internet nach schönen Ferienhäusern. Bald war ein Häuschen gebucht, die Kinder interviewt, ob sie sich anschließen möchten und das Urlaubsziel lag fest.
Dann wollten wir mal schauen, was man so von dem Festival mitnehmen kann… In diesem Fall nicht so viel: entweder man kauft sich ein teures Ticket und verbringt dann vier Tage dort oder gar nicht. So sieht es zumindest von Außen aus. Etwas enttäuscht waren wir schon, wir dachten, man könnte zu dem einen oder anderen Konzert gehen. Aber was soll’s! Dänemark lohnt sich immer als Urlaubsziel und vielleicht ergibt sich ja doch die eine oder andere Möglichkeit in Aarhus, der kleinsten Großstadt der Welt.
Am letzten Samstag sind wir dann angekommen nach 1100km Fahrt mit kurzen Abstechern zur Großmutter und zum Großvater. Das Haus entspricht den Erwartungen, das Meer liegt nur 100m entfernt, selbst am Sonntag ist der Strand zu dieser Jahreszeit leer. Einzig die Croissants aus der Bäckerei sind zu teuer, aber wir gönnen uns diesen Luxus und sie sind wirklich gut – als Frankreich-Anrainer hat man gewisse Erfahrungen und kann das bewerten.
Jetzt in den ersten Tagen geniesen wir erst mal einfach nur die himmlische Ruhe, gehen am Strand spazieren und liegen in der Sonne umweht von einer angenehm kühlen Brise. Wir lassen es ruhig angehen. Aber ein paar Ziele habe ich schon anvisiert. Mal sehen, was die Tage so bringen…