Haikus, Tankas und andere Textfetzen

Ich schreibe gerne kurze „Gedichte“. Eigentlich sind es eher kleine Textfetzen, die einer Stimmung Ausdruck geben oder eine Situation erfassen. Diese Texte sind formlos. Mal länger mal kürzer.

Manchmal lasse ich auch einfach nur meine Gedanken fließen, sammel ein paar Wörter, die mir in den Sinn kommen und mache daraus einen Text:

Steintosen, klappern, Himmelspeitsche, Riesenschnabel, Rollen, Würgegriff, Herzknoten, Die Liebenden, umschlungen, Sehnsuchtsgesang, Achterband, Wortgewalt

Steintosen

Die Steine rollen in den Wellen, als der Wasservogel aus den Traumtiefen auftaucht und die Schwingen ausbreitend seinen Sehnsuchtsgesang erklingen lässt. Wortgewaltig steigt er in die Höhe und sein Schweif durchschneidet die Luft wie eine Himmelspeitsche.
Die Töne aus seinem Riesenschnabel umschlingen die Liebenden und verbinden sie mit dem Achterband in einem Herzknoten. Das Steintosen umhüllt ihr Schweigen.

Bei diesem Gedicht muss ich dazu sagen, dass ich bei dem Wort Steintosen an einen Strand ganz im Süden der dänischen Insel Langeland denke, der aus großen faustdicken Kieseln besteht durch die die wilden Wellen rollen.

Im Augenblick beschäftige ich mich ein bisschen mit Haikus und Tankas und lasse mich durch die eingeschränkte Form inspirieren. Wer mehr über diese japanische Gedichtsform erfahren möchte, dem sei die folgende Webseite ans Herz gelegt: https://haiku.de/
Hier nun einige meiner Haikus und Tankas.

„Der Winterwind rauscht.
Die letzten Blätter fallen.
Der Herst ist vorbei.

In warme Decken gehüllt
trinke ich Tee am Feuer.“

Dieses Tanka hält sich an die Anzahl der Silben (5-7-5 7-7). Es ist in zwei Teile geteilt, wobei der zweite Teil etwas im Gegensatz zum ersten steht. Es enthält den Bezug auf eine Jahreszeit und ich habe versucht, keine Wörter doppelt zu verwenden. Ich mache bei Artikeln eine Ausnahme. Ich mag die Texte lieber, wenn sie richtige Sätze sind.

„Auf schwarzer Straße
gleitet der Lichtstrahl entlang –
spring fort kleines Reh“

Dem ersten Haiku in meinem Leben bin ich in meiner Kindheit begegnet. Es war das kürzeste Gedicht, das ich kannte. Mir ist erst vor ein paar Jahren klar geworden, dass es sich um ein Haiku handelt.

„Um mein Brunnenseil
rankt eine Winde sich,
gibt mir Wasser, Freund.“
(Frau ) Chiyo-ni

Ich mag diese Gedichtsform. Ungeschlagen in der Kürze ist jedoch mein Mini-Gedicht. Auch wenn es streng genommen nicht unter Lyrik eingestuft werden würde, wie mir eine Studentin der Literatur erklärt hat. Und dennoch, es ist mehr dahinter, als man beim ersten Lesen vielleicht denken mag…

„Nur drei Worte.“

Autor: Barbara Seyfarth

Informatikerin Embedded Systeme (Automotive, Industrial Solutions) Safety + Security Certified Professional for Software Architecture (Advanced Level) Autorin